Iran – in der Wüste Lut

November 2019 – In Yazd checken wir auf dem Parkplatz vom Silk Road Hotel ein, ein wahrer Sammelpunkt für Overlander. Mitten in der Altstadt neben der Moschee gelegen, ist es ein perfekter Ausgangspunt für Erkundungstouren durch die Stadt, dabei erstaunlich ruhig des Nachts. Wir schaffen es jedoch lediglich in die Moschee – die 4 Tage sind gespickt mit Erledigungen und Organisieren. Wir bekommen einen neuen, größeren Alutank, und planen unsere Tour in die Lut: Thomas aus der Schweiz kommt zurück, um mit uns seinen Vier-Tage-Track zu wiederholen. Alleine würden wir es nicht wagen!

Yazd bei Nacht

Auf dem Weg in die Lut übernachten wir auf einem Pass in 2.750 m, wieder mal eine kalte Nacht für uns. Aber die neue Heizung heizt (noch)! An der letzten Tankstelle füllen wir noch einmal alles auf, dann geht es los und wir fahren in die Wüste. Zum „Eingewöhnen“ erst einmal die Kalouts für Jedermann, und hier sind wir schon mächtig beeindruckt über die Sandformationen. Nach 80 km auf der Straße ohne jeglichen Verkehr biegen wir rechts ab, und dann sind wir auf dem Track. 30 km Offroadpiste, links tauchen langsam die ersten Dünen auf. Unser Schlafplatz für die erste Nacht. Bei nahe zu vollem Mond keine Chance für Sternenfotografie, aber die Umgebung mit den Gesteinformationen auf der einen Seite und den Dünen auf der anderen ist magisch.

Luft ablassen für die Wüste
Der Schlafplatz für die erste Nacht

Am nächsten Morgen klettern wir für das 360° Panorama auf eine der Dünen und fahren dann weiter, tiefer in die Wüste. Hier geht es zum ersten Mal in tiefen Sand, nur nicht anhalten! Oscar schlägt sich für seine erste Wüstentour wacker, wir sind begeistert. Mitten im Nichts taucht auf einmal eine Gruppe Iraner mit vier Fahrzeugen auf, großes Hallo auf allen Seiten. Wir bekommen eine alternative Route von ihnen und auch das Angebot, dass einer von ihnen mit uns mitfährt. Sehr nett, wir lehnen dennoch dankend ab. Nach einer anstrengenden Weiterfahrt über extrem unwegsames Gelände, das nur aus großen Bodenwellen besteht und uns kräftig durchschüttelt, kommen wir am nächsten Schlafplatz am Fuß eines Bergmassivs an. Völlig entnervt fege ich erstmal den Sand aus dem Auto und wünsche mich weit, weit weg. Zusätzlich stellen wir fest, dass irgendein Genie versucht hat, das Schloss eines der Ersatzkanister zu knacken. Die einzige Lösung ist, es mühselig aufzubohren, wir brauchen die 20 Liter definitiv! Nachdem wir alle Widrigkeiten beseitigt haben – Thomas rettet die Stimmung mit selbst gebackenen Brownies – verbringen wir einen schönen Abend am Lagerfeuer.

Der dritte Tag führt uns weiter in die Wüste, das Ziel ist, an den 400 Meter Dünen vorbei zu den Kalouts zu fahren. Eine knifflige Abfahrt steht uns bevor: Wir stehen an einem Abhang und müssen runter, durch tiefen Sand geradewegs die nächste Kuppe wieder rauf. Es ist klar: Wenn wir dort steckenbleiben, haben wir ein Riesenproblem! Mit klopfendem Herzen fahren wir los, Oscar röhrt, das Adrenalin rauscht, der aufgewirbelte Sand holt uns ein und wir sehen nichts mehr, egal, weiter, immer weiter, Olaf fährt wie der Teufel, bloß nicht anhalten! Wir schaffen es, wir kommen oben an, alles ist gut gegangen. Noch nie hatte ich soviel Angst, dagegen war der Sprung in Südafrika 220 Meter den Wasserfall herunter ein Kinderspiel!

Die weitere Strecke ist zum Glück weniger aufreibend, es geht einfach nur durch die endlose Weite der Lut. Auf dem Weg lässt sich im Nichts noch ein Geocache entdecken, den jemand hier vergraben hat, und laut Log sind wir erst die Zweiten, die ihn ausgraben. Da sind wir schon ein bisschen stolz!

Als wir am Nachmittag die Kalouts erreichen, sind wir einfach nur sprachlos. Riesige Sandformationen, über tausende von Jahren gebildet, zeugen von der Vergangenheit der Lut als Ozean. Wirkt es hier tagsüber völlig leblos, finden sich morgens verschiedene Tierspuren im Sand. Und mitten drin stehen wir für die Nacht und können es nicht glauben. Am letzten Tag fahren wir weiter durch die Kalouts, machen einen kleinen Abstecher zu einem Canyon und langsam auf den langwierigen Weg zurück Richtung Straße, um am Salzsee die letzte Nacht zu verbringen.

Wir haben es geschafft! Ein absolut einmaliges Erlebnis, aber auch eine echte Grenzerfahrung.Die atemberaubenden Ausblicke, spektakulären Sandformationen, 400 Meter hohen Sanddünen, Sonnenuntergänge und Sternenhimmel und vor allem die völlige Stille und Einsamkeit machen die Lut zu einem unwirklich schönen Ort.

Für uns hieß es jeden Abend 2cm Sand aus dem Auto schippen, die Hupe und den Tisch hat es leider gehimmelt und – running Gag – die Standheizung mag auch nicht mehr so recht, und ein offenes Marmeladenglas lassen wir sicher nicht mehr im Schrank stehen. Aber wir kamen ohne Buddeln heraus und sind superglücklich und auch ein bisschen stolz, dass wir und der kleine Oscar das Wüstenabenteuer gemeistert haben!

Ein Gedanke zu „Iran – in der Wüste Lut

  1. Beim Lesen dieses Berichts hat mein Herz ebenfalls geklopft. Welch ein Geschenk, diese überwältigende, einsame Natur erleben zu dürfen. Deine Berichte über den Iran haben mich sehr berührt und ich kann eure tiefe Dankbarkeit diesem Land und seinen Menschen gegenüber gut verstehen.

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