Die erste Lektion, die der Reisende lernt, ist Geduld – die zweite Flexibilität!
Februar 2020 –Die Freude, wieder zurück am Auto zu sein, hielt nicht lange an. Die Nachrichten über den neuen Virus hatten wir natürlich in Indien schon ständig verfolgt und unsere Pläne – die ersten von vielen noch kommenden – sahen so aus, dass wir nach Erhalt des Russlandvisums und der notwendigen Reparaturen am Auto so schnell wie möglich zurück nach Iran und weiter nach Aserbaidschan fahren wollten.
Guter Dinge, gab es für Oscar einen dringend benötigten Ölwechsel, wir konnten unsere sehr abgeflachten Federn wieder aufbiegen lassen, sodass wir nicht mehr hoppeln wie ein Hase im Frühling und wir gönnten uns als Kirsche auf der Torte endlich eine Markise. In der Zwischenzeit ging es für uns nach Dubai, wir trafen Freunde und abends spielten wir Badminton mit unseren indischen Gastgebern. Soweit, so gut.
Dann veränderte sich der Tonfall in den Nachrichten rasant. Die umliegenden Länder zu Iran schlossen aufgrund der dort außer Kontrolle geratenen Corona Epidemie die Grenzen, somit war dieser Landweg verschlossen. Unsere Alternativroute: Durch Saudi Arabien bis ans Rote Meer und mit der Fähre in die Türkei. Zum Glück gibt‘s die neue Markise, dachten wir mit naivem Optimismus. Die Fähre ist laut anderen Overlandern eine absolute Katastrophe, sündhaft teuer und schlechte Zustände. Dafür ist man mit auf dem Schiff und in 4-5 Tagen durch den Suezkanal in der Türkei, von dort ein Leichtes, durch Georgien nach Russland zu kommen.
Keine drei Tage später war diese Grenze auch zu, Saudi Arabien eine Festung und somit der einzig verbliebene Ausweg auf dem Landweg versperrt. Wir steckten fest – nicht zum letzten Mal, aber das wussten wir da noch nicht … Guter Rat war teuer, Verschiffung die einzige Möglichkeit. Nach tagelangen Recherchen und Abwägen aller Möglichkeiten gab es eine Lösung: Mersin in der Türkei. Das Schiff fährt nur 11 Tage, und Losgehen sollte es schon in zwei Tagen.
Das hieß für uns: Hektisches Organisieren, ausreichend Dollar beschaffen, für uns ein Land zur Überbrückung finden und das Auto verladefertig machen. Schon wieder einen Rucksack packen, das hatten wir uns wirklich anders vorgestellt! In dem Container am Autostellplatz, in dem wir für die Zeit in den VAE untergekommen waren, fiel uns langsam auch die Decke auf den Kopf, immerhin konnten wir mit der ausgezeichneten Metro nochmal die 40 Kilometer von Sharjah nach Dubai fahren und dort sinnlos shoppen und ins Kino gehen.
Dann ging es für Oscar in den Container, nach oben offen, rechts und links 5 cm Platz, aber es passt! Wir sagen Good Bye Emirate und steigen in den Flieger nach Zypern (griechischer Teil) mit Zwischenlandung in Beirut. Eine merkwürdige Situation: Dubai leer wie nie, im Flugzeug tragen die Leute teilweise drei Masken übereinander und sind mit Gummihandschuhen ausgerüstet. In Beirut müssen wir Fieber messen und dann durch lange Gänge in den Transitbereich. Der Flug nach Zypern ist bis auf den letzten Platz besetzt – alle Anzeigetafeln zeigen nur „cancelled“, jeder ist froh, dass er raus kommt, wohin auch immer! In Zypern gespenstische Leere am Flughafen, KEINE Kontrollen. Willkommen in der EU!
Wir ziehen die ersten Euro seit Monaten aus dem Automaten und machen uns auf dem Weg in unser wunderhübsches Aparthotel. Mit einem Glas Rotwein im bezaubernden Innenhof lehnen wir uns erleichtert zurück und entspannen uns, geschafft, wir sind raus! Am nächsten Tag schlendern wir die Strandpromenade entlang, genießen den Sonnenschein, abends gibt‘s kalte Füße (was habe ich mir das in Indien gewünscht! Kalte Füße!) und empfindlich kalte Temperaturen für unseren sonnenverwöhnten Organismus. Also um die 13 Grad oder so. Bisher keine Horrornachrichten, was unsere Pläne angeht, also schnappen wir uns zwei Räder und machen erstmal eine ausgedehnte Radtour, durch die um die Jahreszeit ausgestorbenen Ferienhausanlagen, am Meer entlang. Unglaublich nette Begegnungen in den Geschäften und in den Cafés. Wir sind von Zypern begeistert und freuen uns auf ein paar weitere entspannte Tage, um die Insel zu erkunden, bevor wir in den türkischen Teil der Insel wechseln und eine Fähre nach Mersin nehmen, um dort auf unser Auto zu warten.
Dann kommt der Abend, und die Ereignisse überschlagen sich – erneut: Die innerzypriotische Grenze zum türkischen Teil wird geschlossen, nachdem die ersten Fälle aufgetreten sind. Zu Fuß gibt es keine Möglichkeit mehr, die einzige Option: Mit dem Auto einen der beiden offenen Übergänge anfahren. Die örtliche Polizei ist bemüht, aber keine Hilfe, und wir entschließen uns, die nur 48 Kilometer direkt bis zum Flughafen mit dem Taxi zu fahren, um dann den nächstbesten Flug aufs türkische Festland zu nehmen. Erfreulicherweise und zu unserem Erstaunen funktioniert das völlig problemlos, es wird Fieber gemessen, wir müssen einen Bogen ausfüllen und sind eine Stunde später im Flugzeug nach Adana und damit nicht einmal 6 Stunden später in einer Hauruck-Aktion von Südzypern in der Türkei angekommen. Jetzt reicht es uns wirklich.
Der nächste Tag bringt uns nach Mersin, wo wir uns in ein schönes Hotel einmieten und dort die Zeit bis zum Eintreffen der Fähre abwarten. Täglich eskaliert die Lage auf der Welt weiter, Grenzen sind geschlossen, Georgien ist zu, Russland macht auch zu. Wir stecken schon wieder fest, aber in der Türkei ist das das kleinere Übel: Wir kennen das Land noch nicht, wir sind mit dem Auto autark und können uns in der Natur in Selbstisolation begeben. Das ist unsere Idee für die nächsten Wochen, bis wir über eine sich öffnende Grenze weiterfahren können.
Pläne schmieden geht nur noch von Tag zu Tag, und die meisten sind kaum gemacht schon wieder hinfällig. Wir lassen den Kopf dennoch nicht hängen und bleiben optimistisch, dass sich die Lage in den nächsten Monaten irgendwie unter Kontrolle bringen lässt.
In diesen schwierigen Zeiten: Bitte bleibt gesund, passt auf euch auf, helft anderen und seid rücksichtsvoll und nett zueinander!
Ein Gedanke zu „Emirate, Zypern – und Corona“
Hi, da war bei euch aber auch viel Pech dabei! Wir haben z.b die letzte Fähre aus Marokko noch bekommen. Jetzt sitzen wir zwar auch fest – aber im entspannten Portugal
Euch alles Gute
Lg Udo und Sylvia
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